„Dein ist mein ganzes Herz, wo du nicht bist, kann ich nicht sein…“ – kannst du das heute so noch sagen (singen), wenn es dir ernst ist mit der Liebe? Wieviel Sentiment, Nostalgie, ja: auch Kitsch geht noch, bevor es lächerlich wird? Lisa probiert es einfach aus. Sie will es wissen, das Ding mit der Liebe, den Träumen, die groß sein dürfen, dem Sound der Operette. Sicher, einige würden sagen, Lisa sei da etwas speziell. Aber was soll das schon heißen, in Berlin, der Welthauptstadt diverser Lebensentwürfe? Lisa fährt also eher auf Lehár ab als auf Techno. Und sie mag den Kick mit dem/ den sogenannten Fremden. In einer Dating App findet sie, wonach sie sucht, das große Los: „Sou Chong“ (der eigentlich ganz anders heißt und tickt), gebürtiger Chinese und Student in Berlin, der doch dem Sou-Chong aus Lehárs Operette ganz ähnlich scheint und dazu noch großartig singen kann! Klingt nach dem Beginn einer ver-rückten Liebesgeschichte. Nur: im realen Leben, ohne Netz und Operette, ist alles doch anders und mitunter komplizierter…
Und seltsam: leben die frag- und kritikwürdigen Klischees des Fremden in der Operette etwa heute weiter in Dating Apps und Inszenierungen seiner User*innen? Auf Einladung der Neuköllner Oper haben sich Abigél Varga (Musik) und Elisabeth Pape (Text) Lehárs weltberühmte Operette von der Begegnung zweier Kulturen aus zwei Welten auf ihren Gegenwartsbezug hin angesehen und bringen den ursprünglichen Plot in unser heutig-polyglottes Berlin. Die junge Autorin und Kleist-Förderpreisträgerin Elisabeth Pape verschlankt das Original liebevoll auf ein Quartett junger Leute, die die Liebe und eine Idee von sich selbst suchen. Die ungarische Komponistin Abigél Varga unternimmt eine besondere Arbeit: Sie kommentiert in eigener Kunstfertigkeit Lehárs originale Arien, Duette und Orchesterkompositionen und arrangiert sie für ein Farben- und Facettenreiches Ensemble neu, in der auch die Guzheng, die chinesische Wölbbrettzither, nicht fehlen darf.
Wiener Operette in Berlin, kann das gut gehen? Und ob, wenn es so liebevoll, intelligent und originell wie an der Neuköllner Oper gemacht wird. Der Online Merker
MUSIK Abigél Varga BUCH Elisabeth Pape LIEDTEXTE Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda INSZENIERUNG Ansgar Stephan Weigner AUSSTATTUNG Christian Robert Müller IDEE UND DRAMATURGIE Bernhard Glocksin VIDEO Valle Döring MUSIKALISCHE EINSTUDIERUNG Walewein Witten SCHAUSPIELCOACHING Dominique Chiout
MIT
Marie Sofie Jacob (Lisa), Nicholas Malakul („Sou-Chong“), Luca Schaub („Gustl“/Tobias), Vivian Yau (Mi) und den Musiker*innen Kristjana Helgadóttir (Flöten), Lixue Lin-Siedler (Guzheng), Christian Vogel (Klarinette/Bassklarinette), Florian Juncker (Posaune), Silke Lange (Akkordeon), Anne Müller (Violoncello), Sabrina Ma (Vibraphon)
Vorstellungen mit englischen und deutschen Übertiteln für’s Smartphone (OPERA ACCESS)
MUSIKTHEATER VERNETZT – PUBLIKUMSGESPRÄCHE
am 27. Januar 2024 im Anschluss an die Vorstellung:
FRANZ LEHÁR UND DAS AUSHALTEN VON GEGENSÄTZEN
mit Kevin Clarke (Musikwissenschaftler, Operetta Research Center Amsterdam) und Daniel Molnár (Musiktheaterhistoriker)
am 24. Februar 2024 im Anschluss an die Vorstellung:
WAS BIST DU DENN FÜR EIN (STEREO-)TYP?
mit Dr. Yongfei Du (Musikethnologin, HMTM Hannover) und der Darstellerin Vivian Yau
Aufführungsrechte beim Rowohlt Theater Verlag, Hamburg
in Kooperation mit