Eine Kleist-Oper
Uraufführung am 30. Oktober 1999
Die jüngste Studiobühnen-Produktion in der Neuköllner Oper spielt am 21. November 1811; es ist die letzte Nacht im Leben des deutschen Dichters Heinrich von Kleist, die Nacht vor seinem Freitod am Wannsee. Im Zeitraffer zieht das Leben des 34-jährigen noch einmal an ihm vorbei. Seine unsäglichen Auseinandersetzungen mit seiner Familie, sein stetiges Scheitern als Schriftsteller, seine unlösbaren Konflikte mit Freunden und Frauen. In seinem Aufbegehren gegen militärischen Gehorsam und Anpassung, blieb er in seinem rebellischen Leben doch der ordnungsbesessene Preuße; ist Kleists Lebensweg von chaotisch anmutenden und sprunghaften Fluchten und Obsessionen geprägt.
Heinrich von Kleist (Eva Horstmann) findet sich in seiner letzten Nacht noch einmal im Disput mit den ihn umgebenden Kräften, einem Trio aus zwei Frauenstimmen (Kerstin Schmitz und Linda Naumann) und einem Bariton in wechselnden Rollen: seine Schwester Ulrike von Kleist, Wilhelmine von Zenge, seine kurzzeitige Verlobte, schließlich Henriette Vogel, die bürgerliche Ehefrau, mit der er gemeinsam aus dem Leben schied. Sein alter ego, den Cherub, spielt Andreas Jocksch.
Die Unvereinbarkeit der verschiedenen Lebenssphären des Dichters findet sich in der Musik wieder. Jede dieser Welten erhält ihr eigenes Tonsystem, um bürgerliche Lieder des frühen 19. Jahrhunderts ergänzt. Drei Tasteninstrumente, gespielt vom Komponisten Winfried Radeke, geleiten den Zuschauer bei dieser Rückschau auf ein Leben nicht zu bändigender Widersprüche. Im traumhaften Zeitfenster Amparo Kuhlmanns inszeniert Rudolf Danker diese Kammeroper, die letzte Nacht des Heinrich von Kleist, die Nacht des Cherub.
Text und Regie: Rudolf Danker (unter ausschließlicher Verwendung von Originalzitaten)
Musik: Winfried Radeke (unter Verwendung einiger Originallieder des 19. Jahrhunderts)
Ausstattung: Amparo Kuhlmann
Mit: Eva Horstmann, Andreas Jocksch, Kerstin Schmitz, Linda Naumann und Winfried Radeke