Mozarts Don Giovanni – gut eingekocht
Erstaufführung 26. April 2001
Don Giovanni hat Hunger. Er ist unersättlich und vernascht alles, was des Weges kommt. Zielsicher folgt er seinem Instinkt. Die Verführung, eine kurze delikate Angelegenheit: Tasten, riechen, schmecken, und schon sind die besten Stücke sein. Doch diesmal treten ganz gegen den üblichen Verlauf Komplikationen auf. Die Frau ist widerspenstig, statt Küsse fliegen ihm nur Ohrfeigen zu, im Dunklen schleicht ein Schatten ums Bett, und zu guter Letzt taucht der rächende Vater auf. Da hilft nur mehr der Notausstieg. Ein kurzes Gemetzel, und schon hat der Spuk ein Ende.
essen & sterben heftet sich an die Sohlen von Don Giovanni, untersucht seine Liebes- und Tischsitten und riskiert dabei auch einen Blick auf die Personen, die ihm den Appetit verderben:
eine Dame, die sich vor Sehnsucht und Verlangen verzehrt; ein Bauer, der das Messer mit Heißhunger wetzt, seine geschwängerte Braut mit dem Stachel der Wollust im Fleisch; eine Frau, deren Selbstmordversuche zum Scheitern verurteilt sind und ihr Verlobter, der längst verlernt hat, wie man mit Messer und Gabel isst.
Sind das die Gestalten, die den Mythos Don Giovanni zur Strecke bringen werden? Damit sie in ihrem Kampf nicht ganz verloren sind, begleitet sie noch ein anständiger Herr auf dem Weg durch ihr Trübsal. Er versucht mittels Gebet und Kirchengesängen zu Enthaltsamkeit und Fasten anzuregen und so die Kräfte zu einen.
essen und sterben träumt Mozarts Oper und wagt ein Experiment: Mozarts Melodien schwingen stets im Raum, in ihnen steckt der Kern der Oper. Die Instrumentierung eröffnet eine vollkommen neue Welt verbotener Klänge und verborgener Formen: die Musik verwandelt sich über den Walzer zum Tango, klingt dann wieder klassisch, um sich sofort minimalistisch aufzulösen. Sie tastet sich sanft an die Partitur heran, spürt den ersten Geschmack auf, zerkaut und zerkleinert sie genussvoll, um daraus etwas Unerhörtes zu schaffen.
Ein Abend, der sich einer ständigen Wandlung unterzieht,
ein Abend wie essen & sterben.
Mit: Barbara Ehwald, Bernd Grabowski, Tanja Klein, Stefan Knispel, Hagen Matzeit,
Klaus Reiher, Barbara Rozenkiewicz und Wolfram Teßmer