Dass unsere Gesellschaften – miteinander verflochten und daher im Plural – dabei sind, sich zu transformieren, das spüren wir immer intensiver. Dass die Richtungen dieser Transformationen oft noch nicht „stimmen“, dass sie nicht nachhaltig sind, das spüren und wissen wir meistens auch. Dennoch verdrängen wir die Angst, die Klima- und Artenkrise uns machen, statt sie in Handlungsmut umzusetzen. Unsere Wut flackert auf, ohne dass wir aus ihr politische Energie gewönnen. Und die vielen, die bereits an der Zukunft arbeiten, fühlen sich trotzdem vereinzelt. Kunst- und Unterhaltungsstätten können im Wortsinne zeigen, dass man mit einem Weniger an Material- und Energieverbrauch gut aussehen kann, zum Beispiel indem sie – wie die Neuköllner Oper schon seit Jahren – Bühnenbilder konsequent recyceln. Die entsprechende „Ökologisierung“ der Kulturbetriebe steht erst am Anfang; wir dürfen auf den weiteren Weg gespannt sein. Mindestens genauso wichtig: Dass Künstler*innen sich und uns so für sozialökologische Themen öffnen, in ihre Widersprüche verwickeln und damit unterhalten, dass wir uns unserem Wissen und unseren Gefühlen stellen, statt sie zu verdrängen. Die Neuköllner Oper beschreitet (unter anderem) mit ihren NEUEN LIEDERN VON DER ERDE diesen Weg der Öffnung – und macht auch mich als Nachhaltigkeitswissenschaftler ziemlich neugierig.*
Dr. Manuel Rivera
Forschungsgruppenleiter Kunst und Wissenschaft für nachhaltige Entwicklung am Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS)
Als vielgefragter Experte an der Schnittstelle von Nachhaltigkeitsforschung und künstlerischer Praxis hat Dr. Manuel Rivera das Musiktheater-Projekt NEUE LIEDER VON DER ERDE von Anfang an begleitet. Am 29. Oktober spricht er im Anschluss an die Vorstellung beim musikalisch-kulinarischen Abend Krisenklänge – Küchengespräche mit Kolleg*innen vom IASS und Publikum über die Perspektiven, die aus NEUE LIEDER VON DER ERDE erwachsen. Alle Infos zu Abend und Anmeldung finden Sie hier.
Foto: © Mireia Vila Soriano
NEUE LIEDER VON DER ERDE
Musiktheater von Neuköllner Oper, Stegreif – The Improvising Symphony Orchestra sowie syrischen und deutschen Autor*innen.
Uraufführung am 15. Oktober 2022. Bis 12. November 2022.
*Dieser Text ist gedruckt im NKO Spielplan Oktober-Dezember erschienen
Ein Projekt von Neuköllner Oper und
Mit freundlicher Unterstützung von